TAG 5 / TOKYO-NIKKO
Montag 25.04.
Spacia und Serpentinen
Acht Uhr und Popo hoch, heute geht’s nach Nikko! Schnell frühstücken, den Rucksack packen und die Koffer an der Rezeption abstellen. Wir kommen morgen Abend wieder! Am sehr großen Bahnhof Shinjuku (rund drei-komma-sieben-Millionen Passagiere pro Tag!) warten wir auf den „Spacia“ Express, quasi der tägliche Sonderzug nach Nikko. Zwei Stunden liegen vor uns in Richtung Norden und somit erobern wir zum ersten Mal Neuland in Japan, denn nördlicher als Tokyo waren wir noch nie.
Der Spacia fährt wie erwartet auf die Minute ab, wird kurz vorher gereinigt und bietet sogar zwei verschiedene Abstellflächen für die Füße am Vordersitz – eine mit und eine ohne Schuhe 😉 Dafür gibt’s aber nur Plumpsklos mit Seitenstangen zum festhalten. Über das geniale Bahnsystem in diesem Land habe ich mich ausführlichst im ersten Reisebericht Japan ausgelassen, das will ich hier mal nicht wiederholen.
Während der Fahrt kann man mal sehen, wie riesig Tokyo und sein Einzugsgebiet ist. Es hört einfach nicht auf! Nach einer Stunde ändert sich langsam die Landschaft, aber gebirgig wird es erst kurz vor Nikko. Wir landen dort mit einer Rentnergruppe an und ziehen sofort zum Hotel durch, das direkt gegenüber vom Bahnhof liegt. Das Zimmer ist noch nicht fertig, aber wir lassen unser Gepäck schon mal da und schlendern die fünf Minuten zum Tourist Office, das hilfreiche Tipps und Karten bietet. Auf dem Weg genehmigen wir uns in einer Bäckerei einen Snack. Hmn, lecker süßes Milchbrötchen mit gebackenen Nudeln… Auch Bustickets können gleich im Tourist Office gekauft werden und selbige fahren vor der Tür ab. Bequemer geht’s eigentlich nicht mehr. Der Bus kommt auch noch sofort und es geht ab zu den Kegon Wasserfällen. Die liegen sozusagen im „Oberdorf“ von Nikko, die Strecke dorthin ist eine 45 minütige Abfolge von Serpentinen. Lustig, wie man im Bus immer wieder über Lautsprecher gewarnt wird, dass man sich ja gut festhalten soll und es jetzt gleich aber wirklich wild wird! Natürlich war alles nur halb so schlimm, aber die Aussicht stimmte, wenn es auch sehr neblig war. Teilweise schaukelte der Bus keine 30 Zentimeter am Abgrund vorbei – und es ging wirklich tief bergab!
Affenkacke und kotzende Wasserfälle
Bis zu den Falls sind es dann noch zehn Minuten Fußweg und schon steht man nach einem kleinen Eintrittsobolus vor den doch imposanten Wasserfällen. Fast noch schöner sind aber die Souvenirs, die dort verkauft werden. Die schönsten (Affenkacke- und Kotzende-Wasserfall-Bonbons) finden sich in den Fotos nebenan. Ein Aufzug, der extra Eintritt kostet, führt einen noch hundert Meter hinunter, so dass man sich die Wasserfälle auch von unten ansehen kann. Lohnt sich.
Wieder oben angekommen, gehen wir zurück in Richtung Bushaltestelle und ein wenig weiter, um auch dem Chuzenji-See mal einen Besuch abzustatten. Hier teilten sich dann die Meinungen. Aufgrund des bedeckten Wetters und der hier oben noch ziemlich kahlen Natur empfand ich den Bergsee eher etwas trostlos. Hatte irgendwie den Charme eine Lost Place mit seinen vergammelten Treetbooten und dem Müll (ja, Müll! Hier!) am Seeufer. Rebekka fand’s pittoresk, ich schäbig.
Die Serpentinen wieder runter landeten wir nach 45 Minuten wieder im „unteren Nikko“ an. Wir erwischten die richtige Haltestelle, von der aus man zum Kanmangafuchi-Abyss spazieren kann. Ein kleines, fast mystisches Flusstal, in dem rund 70 buddhistische Jizo-Statuen Wache halten und auf den Fluss schauen. Im Vorbeigehen soll man sie zählen und dabei auf Hin- und Rückweg nie auf die selbe Anzahl kommen. Da einige so verrottet sind das sie fast nicht mehr existieren, weiß man tatsächlich nicht, wie man zählen soll. Das Tal ist toll – vom blauen Gebirgsfluss rundgelutschte Felsen, dazu die Statuen mit ihren roten Mützchen und der Wald … es ist wirklich richtig schön hier. Aber es wird auch langsam dunkel und wir müssen noch irgendwie zurück ins Dorf.
Bevor es stockdüster ist, erwischen wir einen Bus. Im Hotel hat man schon unser Gepäck nach oben gebracht und wir bekommen dort einen kleinen Kulturschock, denn das Zimmer ist verglichen mit dem in Tokyo riesig. Aber keine Zeit das ausladende Mobiliar zu genießen, wir haben Hunger! Nahrung suchend schlendern wir durch das um 20 Uhr schon fast verlassene Nikko. Abends werden hier wirklich die Bürgersteige hochgeklappt. Zu unserem Glück finden wir an der Hauptstraße eine Art japanisches Diner. Hier gibt es günstiges Futter ganz nach unserem Geschmack, zum Beispiel Gyozas und Sojabohnen. Gesättigt zurück im Hotel, testet Rebekka noch kurz den Onsen aus (Urteil: Ganz nett), während ich Fotos sichte und wir uns noch eine halbe Stunde eine lustige japanische Kochsendung im Fernsehen geben. Das war das einzige mal, dass wir in Japan überhaupt den Fernseher einschalteten, man versteht ja dann doch eher weniger und hat besseres zu tun.
Schlafen zum Beispiel. Gute Nacht!
HOTEL-CHECK
Das Nikko Station Classic Hotel ist nur zu empfehlen. Große Zimmer, netter Service, ein Onsen und ein gutes Frühstücksbuffet. Preislich wie wohl in Nikko üblich nicht gerade günstig, aber von den besseren Absteigen noch die billigste Variante.