Wandelbares Andalusien – Ein Reisebericht / Tag 1

TAG 1 / SEVILLA
Sonntag, 26.05. 

Das war ein Abend, gestern Abend. Um 20.30 landete der Flieger in Malaga, um 21 Uhr war Anpfiff des Champions-League-Finales BVB-FCB. Schnellstmöglich musste also der Mietwagen her, damit ich meinen eigens mitgebrachten DVB-T-Minifernseher mit dem eigens gekauften KFZ-Bordstromkabel anschließen konnte, um während der zweistündigen Fahrt nach Sevilla wenigstens ab und zu etwas vom Spiel mitzubekommen. Klar, dass die Schlange am Avis-Schalter am längsten war. Alle andere Autovermieter an Malagas Flughafen hockten in ihrem Kabuff und popelten gelangweilt vor sich hin.

Um 21.15 Uhr saßen wir dann endlich in dem fast flammneuen und erstaunlich komfortablen Fiat Panda. Schnell ab auf die Autobahn und den nächsten Parkplatz ansteuern. Dort dann die Ernüchterung. Wir bekamen jede Menge Sender hinein, aber ausschließlich Shopping-Kanäle und anderen Quatsch. Keine Spur von dem Spiel. Außerdem sahen uns einige andere Menschen auf diesem abgelegenen und vermüllten Parkplatz sehr komisch an. Entweder war das ein Swinger-Treff, oder unsere dicke DVB-T-Magnet-Antenne auf dem Autodach erregte zu viel Aufmerksamkeit.

Ernüchtert und bereits auf dem Smartphone den Live-Ticker lesend, fuhren wir also wieder vom Parkplatz und landeten nicht wieder direkt auf der Autobahn, sondern irgendwo in Malagas Peripherie. Autohäuser, Fabriken, Supermärkte und – warte – eine Cantina? Schon im Vorbeifahren sahen wir etwas großes rechteckiges grün leuchten und flackern. Sieg! Die gesamte zweite Halbzeit verbrachten wir also mit drei Einheimischen (inklusive dem Personal) Fussball guckend an der Theke eines kleinen Vorstadt-Restaurants. Nebenbei wurde uns hier das beste Serrano-Sandwich des ganzen Urlaubes serviert. Nur mein Torjubel beim BVB-Ausgleich wurde mit komischen Blicken quittiert. Klar, wenn man an das Viertelfinale Malaga gegen den BVB zurück denkt …

Aber ansonsten waren die Jungs da echt nett, wenn auch ein wenig schweigsam. Apropos, über den Ausgang des Spiels will ich hier den Mantel des Schweigens hüllen. Gleich nach dem Abpfiff machten wir los und kamen gegen 00:30 Uhr in unserem Hotel in Sevilla an, dass übrigens direkt neben dem Stadion des FC Sevilla liegt. Wie praktisch, dass ein paar hundert Meter weiter noch ein Supermarkt offen hatte, der uns mit dem Nötigsten versorgte. Außer einem kalten Bier – Alkohol gibt’s hier nach 22 Uhr nicht mehr zu kaufen. Zis!

Jardin de Morrito – Schon wirklich toll, aber im Vergleich zu den Gärten die da noch kommen sollten nur ganz nett.

Der erste „echte“ Urlaubstag beginnt also nun heute bei einem leckeren Frühstücksbuffet. Draußen empfangen uns 24°C und ein heiter bis wolkiger Himmel. Das tut nach dem Megawinter richtig gut! Die U-Bahn bringt uns direkt zum Puerta de Jerez, einem netten kleinen Park, von wo aus wir die Innenstadt hinab flanieren. Die Kathedrale Santa Maria de la Sede, von der Grundfläche her die größte gotischen Kathedrale der Welt, macht schon einiges her. Selbst wenn man als Kölner an große gotische Kathedralen gewöhnt ist. Wir schnuppern aber nur kurz rein, wollen an einem anderen Tag mehr davon sehen.

In den Straßen tummeln sich Touristenhorden, sehr viele Pferdekutschen und spaßige Straßenkünstler. Deren größter Trend scheint in diesem Jahr „Der schwebende Möch“-Trick zu sein. All die unterschiedlichen Mönche schweben sich fast auf den Füßen herum. Über den Plaza Nueva kommen wir runter zum Guadalquivir und spazieren ab der Puente de Triana am Ufer entlang bis runter zum Torre del Oro. Der Kleine Turm ist eins der Wahrzeichen Sevillas – warum eigentlich? Es ist recht geschäftig hier: Inliner, Skater, Spaziergänger, Penner unter Orangenbäumen … Auf der anderen Straßenseite sehen wir die Stierkampfarena. Es ist eine der größten Spaniens und hat laut unserem Reiseführer auch ein Museum zu bieten. Dort angekommen, wird das aber gerade geschlossen. „Aber Sie können sicher noch Karten kaufen, heute Abend findet ein Kampf statt.“ Aha. Die Kassen sind gleich nebenan. Sollen wir? Ist das nicht …? Darf man das …? Wir entscheiden auf „Ja.“ Wenn man sich einen Meinung bilden möchte, muss man auch wissen, worum es geht. Außerdem würden die Stiere heute Abend auch draufgehen, wenn wir nicht zugucken würden.

Blutiges Brauchtum

17 Euro kostet der Spaß für Balkonplätze. Drei Stunden sind noch Zeit. Die nutzen wir, um ein Käffchen zu trinken und danach einmal außen um den Alcazar herum zu spazieren. Dann kommen wir auch an der alten Zigarrettenfabrik vorbei, in der die berühmte Carmen einst die Zigarette erfand. In Gedenken an Carmen zünde ich mir vor dem Tor eine an. Den Jardin de Morrito, der an der Mauer des Alcazars entlang führt, beehren wir als nächstes. Ein wirklich feiner Park, so viele riesige Palmen! Im Viertel Santa Cruz, wo ein Restaurant ans andere grenzt, fassen wir daraufhin einige Tapas, bevor wir wieder zur Arena ziehen.

Den Stierkampf an sich möchte ich hier mal ausklammern. Es war definitiv ein Erlebnis und ganz anders, als wir es uns vorgestellt haben. Aber werten möchte ich an dieser Stelle nicht. Nach dem Kampf schlendern wir hinüber auf die andere Seite des Guadalquivir ins Triana-Viertel und gönnen uns noch einen Mojito in einer netten Bar am Ufer, bevor wir den langen Gang zurück zum Hotel antreten.

 

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