Reisebericht USA Ostküste/Eastcoast / Tag 9

TAG 9 / NEW YORK CITY – NEWPORT (RI)
Sonntag, 29.04.2012 

Ein letztes Mal gut in New York frühstücken, dann heißt es leider packen, das Auto am Parkplatz nebenan abholen und das Navi auf Newport in Rhode Island zu programmieren. Es ist richtig schön draußen, genau wie gestern morgen. Ein super Tag, um ans Meer zu fahren, wenn auch ein Bad im Atlantik wohl kaum drin sein dürfte. Nur ein paar Kilometer vom Hotel entfernt wollen wir in Queens an einer winzig kleinen Tanke mit zwei Zapfsäulen Benzin nachladen, denn wir fahren auf dem letzten Tropfen und sind laut Navi kurz vor der Autobahn. Zapfhahn raus, ab in den Tank und go! Nee, doch nich. Da kommt nix. Der Tankwart sieht mich zwar, telefoniert aber auf seinem Handy und macht keine Anstalten, mir mit Rat zur Seite zu stehen. Das krieg ich ja wohl auch alleine raus. Auf der Zapfsäule steht, dass man zuerst seine Kreditkarte einführen und dann der Anleitung auf dem Display folgen soll. Jut, ich hänge die Pistole wieder ein, krame die Kreditkarte raus und tue wie mir geheißen. Ein paar Menu-Punkte auf der Zahlentastatur beantworten und dann kommt wohl die letzte Hürde. „ZIP-Code?“ steht da. Boah, was hat meine Kreditkarte denn für einen Code? Ich gehe ins Auto, suche mein Handy und in dessen „Geheimfach“ rum.

Ah, da ist er ja. Wieder an der Zapfsäule tippe ich meinen Code ein und es erscheint „Wrong Code!“ Ich bin schockiert. Kann doch gar nicht sein, also nochmal. „Wrong Code“. Ja, wie jetzt? Ich blicke hilfesuchend zum Tankwart, der immer noch auf Hindu oder einer ähnlichen Sprache in sein Telefon spricht. Keine Chance, er sieht mich, aber ignoriert mich. Also nochmal, so blöd kann doch keiner sein. Karte raus und alles noch mal von vorne, bis zum Punkt „ZIP-Code?“ Plötzlich fällt es mir wie Schuppen aus den Haaren und ich schäme mich ein bisschen. Das Ding will nicht meinen PIN-Code, sondern den ZIP-Code, die Postleitzahl! Warum auch immer. Das hab ich in der Hetze wohl verwechselt. Da ich gerade keine ZIP auf Tasche habe, gebe ich irgendeine Zahlenfolge ein, wird ja wohl egal sein, dient bestimmt nur Marktforschungszwecken. „Wrong Code“. Jut, friss dies! „Wrong Code“. „Dann diesen! „Wrong Code“. Nach dem fünften gebe ich auf, gehe zum Tankwart und stelle mich solange vor ihn hin, bis er gnädigerweise eine Sekunde von seinem Telefonat ablässt. Er: „What?“ Ich: „I need a ZIP-Code for the machine, could you please just tell me a guilty one?“ Er: „No. Go to another fuel station“ und telefoniert weiter.

Jetzt werd ich aber langsam sauer und sein Telefonat ist mir herzlich egal. Ich quatsche einfach mittenrein. „Do you accept cash?“ Er nickt nur. Triumphierend wühl ich in meiner Hosentasche und bringe … 15 Dollar zum Vorschein. Mist! „Äsiem“ Häh? Der Mann nuschelt zu mir, ich bin begeistert, aber ich verstehe ihn nicht. „Äsiem“ wiederholt er, und zeigt nach rechts, neben die Tanke. „You mean ATM?“ wiederhole ich unsicher. Er nickt, verdreht genervt die Augen und telefoniert weiter. Ich latsche ein paar Meter nach rechts vom Gelände der Tanke runter und entdecke eine ATM – einen Geldautomat. Die Rettung! Den Rest der weiteren Konversation bzw. eine abschließende Schilderung des „Kundenservices“ erspare ich dem geneigten Leser hier, diese Passage ist ohnehin viel zu lang geworden. Ich wollte aber einmal anhand dieses einen Beispiels zeigen (und es gab mehrere davon), dass das Klischee des immer superfreundlichen und serviceorientierten Amerikaners, der seine Kunden mit (oberflächlicher) Freundlichkeit auf Händen trägt, oft auch eben nur ein Klischee ist. Mit Benzin im Tank und Wut im Bauch, die aber innerhalb von Minuten verraucht ist, geht es auf die Interstate 95. Immer wieder blitzen auf den ersten Kilometern ein paar Ausblicke auf Teile der Skyline durch und wir winken und winken. Was für eine tolle Stadt, wie schade, dass wir weiter müssen. Aber wir kommen irgendwann wieder und immerhin steht uns mit heute noch knapp eine Woche Urlaub bevor!

Raus aus dem Großstadtdschungel, rein nach Rhode Island

Rund zweieinhalb Stunden sind wir unterwegs und beobachten, dass die Bäume auf dem Weg nach Norden immer kahler werden. Nach dem Verlassen der Autobahn fahren wir durch ein Waldgebiet, in dem nur ab und zu eine Zufahrt mit einem dahinterliegenden Holzhaus zu sehen ist. An der Kreuzung von Zufahrt und Straße stehen diese typischen Briefkästen mit roter Flagge dran. Sehr amerikanisch das alles. Schon wenig später fahren wir über die Newport Bridge nach Newport hinein. Hunderte Kirschbäume blühen überall in knalligstem Pink. In Washington war die Kirschblüte, die dort groß gefeiert wird, seit Wochen vorbei, hier „oben“ ist sie in vollem Gange. Wir sind sofort davon angetan, wie hübsch Newport ist. Diese vielen bunten Holzhäuschen mit ihren Vorgärten – alles ist bestens gepflegt. Ein Fischerort wie aus dem Bilderbuch. Teenies mit Hang zur großen, weiten und coolen Welt in der Nase machen sicher drei Kreuze, wenn sie von hier aus verschwinden können. Wir finden es gerade sehr wundervoll und haben genau den krassen Kontrast zu der Megastadt New York, den wir uns erhofft hatten.

Als wir vor unserem Hotel, dem Marshall Slocum Inn, vorfahren, trauen wir unseren Augen nicht. Ein altes Landhaus aus Holz erwartet uns, wie alle hier total schön, eine Veranda mit Hollywoodschaukel davor – kurz, es sieht aus wie im Film. Besitzer Marc heißt uns sehr nett willkommen und zeigt uns unser Zimmer. Es ist das letzte von ich glaube acht, sprich ganz oben unterm Dach. Und es ist herrlich. Auf alt getrimmt, dennoch mit sehr modernem Bad, das Blick auf den Garten hat. Überhaupt – das ganze Haus sieht aus wie eine moderne und verkleinerte Kopie von einem dieser Anwesen aus „Fackeln im Sturm“ (da stand ich als Kind ja drauf). Aber wir sitzen schnell wieder im Auto, um zur Südspitze zur fahren (Newport liegt ja quasi auf einer Insel). Dort lassen wir uns an einem kleinen Aussichtspunkt nieder und genießen zum ersten Mal in diesem Urlaub den Blick auf den offenen Atlantik. Anschließend wollen wir von hier aus den berühmten „Ocean Drive“ mit dem Auto abfahren. An dieser Straße liegen sehr viele alte Herrenhäuser und Villen (teilweise sehr bombastische Kästen). Einige kann man wohl auch besichtigen, aber es ist schon spät und wir wollen doch noch zum Castle Hill Cove und dem dortigen kleinen Leuchtturm.

Newport Bridge

Was sich auch lohnt, die Aussicht ist dort wunderbar und es ist einfach ein schönes Fleckchen. Nach einer halben Stunde des Verweilens fahren wir von dort aus zu unserem Inn zurück, stellen das Auto ab und laufen zu Fuß in die Innenstadt. Aber bevor es zum Essen fassen geht, machen wir einen Schlenker am Hafen vorbei. Wir kommen genau zum Sonnenuntergang dort an und haben von dort aus einen tollen Blick auf die Newport Bridge. Aber jetzt, so ganz ohne Sonne, wird es durch den fiesen Wind doch wieder spätherbstlich, also tippeln wir in die Innenstadt zurück und entern den „Brick Ally Pub“ (ein Tipp von Marc). Ein uriger irisch/amerikanischer Laden mit leckerem und günstigem Happa, wirklich netten Bedienungen und tollem Bier aus Newport. Weil es hier so gut gefällt, bleiben wir nach dem Essen noch auf ein paar Drinks. Zur Feier des Tages gönne ich mir noch einen Whisky (die haben doch tatsächlich einen guten Islay-Whisky auf der Karte).

Dann leiste ich mir noch einen kleinen Fauxpas, indem ich mit meinem Whisky-Glas vor die Tür gehe, um eine zu rauchen. Unsere Waitress steht eine Minute später neben mir und bittet mich freundlich wieder rein, ich könne doch nicht mit dem Glas auf der Straße stehen, das sei verboten! Ja ja … Das man raucht darf jeder sehen, was man im Glas hat nicht. Hi hi, diese Amis. Zum ersten mal in diesem Urlaub leicht angeschickert machen wir uns irgendwann kurz vor Mitternacht zurück auf den Fußweg zum Hotel und werden dort von anderen Gästen begrüßt, die unter vielen Decken auf der Veranda hinterm Haus sitzen und offensichtlich auch nicht mehr ganz bei sich sind. „Have you been drinking?“ fragt mich einer, „Slightly“, antworte ich und zurück kommt nur ein zufriedenes „Good, good!“. Hi hi, diese Amis!
Glücklich und todmüde fallen wir in das extrem fluffige Landhausbett und sind schon nach wenigen Minuten im Reich de….

HOTEL-CHECK
Das Marshall Slocum Inn in Newport ist ein echter Geheimtipp. Wie schon erwähnt ein kleines, familiär geführtes Inn im Landhausstil, schön gelegen mit schönen Zimmern (wir konnten auch in andere hineingucken, die Türen standen offen), toller Atmosphäre, netten Besitzern und einem feinen Frühstück. Ein unglaubliches Schnäppchen, denn wir haben für diese eine Nacht – warum auch immer – über Booking.com nur 48,- EUR gezahlt, insgesamt versteht sich!

 

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