Reisebericht USA Ostküste/Eastcoast / Tag 14

TAG 14 / BOSTON
Freitag, 04.05.2012

Schade, auch am letzten vollen Tag in den USA erwartet uns ein bleigrauer Himmel. Diese Witterung wird sich aber am Abend noch auszahlen … Nach einem schnellen Bagel im Hotelfoyer nehmen wir die Metro zum Aquarium, dort, wo das Wasser-Taxi abfährt, mit dem wir gestern schon zum Hafen übergesetzt haben. Heute sind die beiden Museumsschiffe wirklich dran, jetzt sind wir ja wohl früh genug vor Ort!

Als erstes nehmen wir uns die USS Cassin Young vor. Ein Zerstörer, der 1943 vom Stapel lief und bis 1960 für die US Marine in der Welt unterwegs war. Im Zweiten Weltkrieg kämpfte das Schiff gegen Japan und überstand sogar mehrere Treffer von Kamikaze-Angriffen. Wenn man sich wie ich für Kriegsgeschichte und -Technik interessiert, ist ein Besuch der Cassin Young ein Muss! Ansonsten ist es sicher „nur“ ganz nett, einmal über dieses Schiff zu streifen und auch in den ein oder anderen Raum hineinschauen zu können. Das Segelschiff USS Constitution gleich gegenüber ist da der totale Gegensatz, aber nicht minder interessant. Die Constitution stach erstmals 1797 in See und kämpfte bereits im Amerikanisch-Englischen Unabhängigkeitskrieg in 1812.

USS Cassin Young – Kommandozentrale

Heute ist sie immer noch „on Duty“ und unternimmt Reisen zu Repräsentationszwecken und anderen besonderen Gelegenheiten. Somit ist der Hafenabschnitt in dem sie liegt auch Navy-Gelände und man wird bei Zutritt wieder einmal kontrolliert, durchleuchtet, etc. Man sollte in jedem Fall wenigstens seinen Führerschein dabei haben, sonst erhält man keinen Zugang. Die (kostenlose) Führung über das Schiff unternimmt ein junger Soldat der Navy, der auch schon mit dem Schiff in der Welt unterwegs war. Er erzählt viel interessantes während der Führung auf und unter Deck und reißt dabei sogar einige Witze. Als Souvenir kann man gemeinsam mit ihm eine US-Flagge am Heck hissen, salutieren und sie wieder einholen. Die Flagge darf man behalten, das ganze kostet dann 25,- Dollar. Lustigerweise macht das sogar jemand und wir schauen interessiert dabei zu.

Nach den beiden Schiffen fahren wir wieder Bötchen rüber nach Downton und schlendern zum Quincy Market, um dort einen Bagel und einen Brownie zu verschlingen. Anschließend setzen wir uns mit einem Kaffe auf die Stufen der Halle und gucken ein bisschen Leute. Gegenüber in der Faneuil Hall, da wo gestern die Einbürgerungen stattgefunden haben, steht die Tür offen. Kann man da wohl mal rein gucken? Kann man, und es lohnt sich! Wir erwischen sogar einen freien Vortrag von einem Mann, der viel über diese historische Versammlungshalle erzählt. Als er fertig ist, frage ich ihn noch, ob er etwas über die Atomschutzräume in diesem Gebäude weiß. Denn draußen an der Mauer habe ich ein uraltes „Nuclear Shelter“-Schild entdeckt. Leider hat er keine Ahnung, wo bzw. ob diese Räume noch existieren, bedankt sich aber für die Frage und will sich mal schlau machen, denn das Schild ist ihm wohl noch nie aufgefallen.

In der Einkaufsmeile Bostons suchen wir uns noch ein paar Mitbringsel zusammen und entdecken an einer versteckten Ecke einen Second-Hand-Buchladen. Sehr schrullig, überraschend groß und bis unter die Decke mit alten Büchern vollgestopft, wird er von einem mittelalten Bücher-Nerd und seiner Katze Dusty bewacht. Letztere räkelt sich fotogen auf einem alten Samtsofa vor dem Kamin und lässt sich bereitwillig knuddeln. Netter Laden, leider weiß ich nicht mehr, wie er hieß …

Mittlerweile wird es ein wenig dunkler draußen – die blaue Stunde naht. Gleichzeitig kommt Nebel auf, der schon die Spitzen der Hochhäuser verdeckt. Schnell wieder zurück zum Taxiboot-Anleger, denn von der Hafenseite aus würde ich gerne noch ein paar Nachtfotos von Boston schießen. Daraus wird allerdings eine Nacht&Nebel-Aktion, denn als wir wieder an der USS Constitution ankommen, ist bereits die halbe Skyline zugenebelt. Ein leicht surreales Bild. Ich falle in meinen Fotorausch und komme erst wieder zu mir, als wir zurück in Downtown vom letzten Wassertaxi des Tages klettern und sich so langsam der Hunger breit macht.

Mist, immer nur Mist

Da ist er also – der letzte Abend dieses grandiosen Urlaubs. Mist! Kam doch schneller als gedacht. Fast Food muss heute echt nicht sein, aber wohin soll’s gehen? Wir streifen lange durch die Straßen und finden schließlich eine Ecke mit gleich mehreren Restaurants und Bars. Ein Irish Pub mit Restaurant sagt uns am meisten zu und scheint auch noch ein wenig Platz zu haben, denn es ist Freitagabend und die Läden sind voll. Es geht eine Treppe hinauf und oben angekommen werden wir vom Besitzer begrüßt. Was er für uns guys tun könne. Nun, Happa und ein, zwei Drinks hätten wir gerne, antworte ich. Gern, ob wir denn unsere ID Cards dabei hätten. Ich wundere mich – das ist uns im gesamten Urlaub noch nicht passiert. Aber wir haben ja unsere Führerscheine dabei, und die Driving License ist in den USA in Ermangelung eines Personalausweises ja die gängige Form der Autorisierung. Ich zücke also unser beider Führerscheine aus der Hosentasche und zeige sie ihm. Er schüttelt mit dem Kopf.

Sorry, aber damit könne er uns nicht hinein lassen. Wie? Warum nicht? Nun, wir seien Touristen und keine Amerikaner und müssten da schon unseren Reisepass vorzeigen. Ich: Um hier etwas essen zu dürfen? Wir können auch gerne eine Cola dazu trinken, es muss kein Alkohol sein. Er: No, sorry. Wenn die Stadt heute Abend Kontrollen macht, bin ich meine Konzession los. Ich: — (umgedreht, runtergegangen, Lokal verlassen). Das darf doch wohl nicht wahr sein. Im „Cheers“ hat gestern und vorgestern niemand nach irgendwelchen Ausweisen gefragt und wir haben dort (Schande über uns!) sogar Alkohol konsumiert!

Gleich nebenan liegt die „Silvertone Bar“, auch mit Restaurant, und wir stiefeln einfach dort hinein, denn auch hier klingt die Karte nett. Wir werden freundlich begrüßt und bekommen einen Platz zugewiesen. Geht doch! Etwas laute Mucke läuft, aber ansonsten ein sehr netter, einfacher Laden, in dem es sich junge und mitelalte Einheimische gut gehen lassen. Unsere Bedienung, eine Hispanic, bringt uns die Karten und kommt nach einer Weile die Bestellung aufnehmen. Dabei stellt sich heraus, dass sie schlechter Englisch spricht als wir. Wir ordern unser Abendessen und dazu jeweils ein Samuel Adams Bier.

Sie: „Mä ei si ID?“ Ich, die Führerscheine zückend und innerlich seufzend: „Here you are“. Sie: „Noäcsis“. Ich: „Pardon?“ Sie: „No ak-sä-p dis!!“ Ich: „Come on, the US Navy accepted these Ids a couple of hours ago as we visited their grounds at the harbour!“ Sie: „Padn? No, no. No aksäp dis!!!“ Ich: „Just get us two cokes with the meal please.“ Sie: „No, wäit. Talking boss“ (und rauscht davon). Unangenehm. Die Leute an den Nebentischen gucken schon. Nach gefühlten zehn Minuten kommt sie wieder, sichtlich gehetzt. „OK, only beer, no osser alcohol!“
Wir kommen uns vor wie Schuljungen, die mit 15 in der Kneipe erwischt wurden. Aber to make a long story short: Das Essen war sehr, sehr lecker und auch sehr günstig. Wir sind dennoch gleich danach abgezogen. Keine Ahnung, was diese beiden Etablissements vom Cheers unterscheidet – aber besser man verzichtet in Boston auf jedwelche Form von Alkohol zum Essen (wenn man denn überhaupt Essen bestellen darf).

Mit der knackevollen Subway fahren wir anschließend zurück ins Hotel, resümieren noch ein wenig über den Urlaub und finden es beide schade, dass die zwei Wochen so unheimlich schnell vergangen sind. Dabei vernichten wir die letzten vier Flaschen Samuel Adams, die von dem Zwölferpack übriggeblieben sind, den wir seit Newport mit uns herumschleppen. Zwischendurch würde ich gerne vor die Tür gehen um eine zu rauchen. Wie an den Vorabenden nehme ich mein Fläschchen Bier einfach mit, werde dieses Mal aber vom Hotelgorilla vor der Tür zurück gewunken. „You can’t go out with …“ Ja ja, schon gut. Sind die hier Freitags alle bekloppter als an den Wochentagen? Gestern und vorgestern hat derselbe Typ doch auch nix gesagt! Zurück auf dem Zimmer fülle ich das Bier in einen Coffe-to-go Becher um. Ich könnte es ja auch einfach oben stehen lassen, aber es geht mir ums Prinzip im „Land of the Free“. Zwei Minuten später proste ich dem Gorilla vor der Tür freundlich mit meinem „Kaffee“ zu und zünde mir eine an. Er nickt wissend und lächelt.

HOTEL-CHECK
Das DoubleTree Club by Hilton Boston Bayside ist ein typisches, unspektakuläres und in vielen Belangen absolut durchschnittliches Kettenhotel. Das soll jetzt aber nicht negativ klingen, denn es war durchaus günstig, absolut sauber, sehr gut gelegen (fünf Gehminuten von der nächsten Subway-Station) und überhaupt – man fühlt sich wohl, nicht mehr und nicht weniger. Für das Frühstück besitzt es ein kleines Café im Erdgeschoss, auch eine winzige Bar findet sich dort. Ein großer Supermarkt ist ebenfalls in fünf Minuten gegenüber gelegen. Alles in allem also zufriedenstellender Durchschnitt und als komfortable Schlafstation bestens geeignet.

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2 Gedanken zu „Reisebericht USA Ostküste/Eastcoast / Tag 14“

  1. Hallo Alex,

    Freude, dass ich deinen Blog gefunden habe!
    Es ist sehr gut geschrieben, wir nutzen gerade zu unserer Planung durch Boston. Die Fotos sind schön!!
    Das erste mal airbnb durch dich, Danke.
    L.G. Marta

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