TAG 6 / TOFINO – VICTORIA
Donnerstag, 18.05.17
Irgendwann gegen zwei Uhr nachts summt mein Handy neben dem Bett. Ich habe vergessen, es auf lautlos zu stellen und werde kurz wach, drehe mich aber wieder um und schlafe weiter. Eine gute Entscheidung, wie sich später herausstellt. Ansonsten hätte ich definitiv weniger Schlaf abbekommen in dieser Nacht. Nach dem Aufwachen um acht fahren wir kurz ins Dorf, um im Common Loaf Bake Shop zu frühstücken. Leider hängt immer noch eine dicke Wolkendecke am Himmel.
Hiobsbotschaft und ein 4:40-Ritt
Zurück im Black Bear Guest House packen wir unsere Sachen zusammen – heute steht die Reise in die Hauptstadt von British Columbia an – Victoria. Dabei fällt mir wieder mein Smartphone und die Nachricht aus der Nacht ein. Ein Freund schreibt „Das wird dich interessieren“ und hängt einen Link an. Als ich darauf klicke kann ich es kaum fassen. Chris Cornell ist tot?! Vor ein paar Stunden gestorben direkt nach einem Soundgarden-Konzert in Detroit? Das darf doch wohl nicht … In zweit Tagen werden wir in Seattle sein, auf das ich mich besonders wegen seiner Grunge-Vergangenheit freue. Diese Stadt wird für mich auf ewig mit Nirvana, Alice in Chains, Pearl Jam und natürlich auch Soundgarden bzw. Chris Cornell verknüpft sein. Und jetzt soll nur noch Eddie Vedder übrig sein? Alle anderen Sänger dieser Bands tot, alle durch Selbstmord? Die Abfahrt nach Victoria verzögert sich, da ich mir erst einmal die neuesten Nachrichten zu Cornell im Internet durchlesen muss.
Graue Fahrt über Vancouver Island
Der Soundtrack für die Fahrt aus Tofino heraus in Richtung Victoria steht auf jeden Fall fest. Vielleicht makaber, aber als erstes spiele ich das großartige „Just like Suicide“ von Soundgardens „Superunknown“. Im Auto gibt es eigentlich nur ein Thema während die nicht enden wollenden Nadelwälder unter einem bleigrauen Himmel an uns vorbei zischen. Blöderweise stattet mir zu allem Übel auch noch Mr. Migräne einen Besuch ab. Dumm, dass ich aus Kostengründen nur einen Fahrer auf den Mietwagen angemeldet habe: mich. Also Medis einwerfen und weiter fahren. Eigentlich wollten wir hinter Port Alberni einen Trail durch den Regenwald gehen, doch es bleibt bei einem schnellen Kaffee-Stopp am Hafen. Zu viel Kopf, ich will einfach nur schnell nach Victoria. Immerhin ein 4:40 Stunden-Ritt. Auch Coombs und sein lustiges Café mit den Ziegen auf dem Dach lassen wir notgedrungen links liegen und krachen durch. Nur ein weiterer Stopp wird noch etwa eine Stunde vor Victoria gemacht, bei dem ich mir in einem Best Buy (quasi MediaMarkt in Kanada und den USA) noch eine Speicherkarte für die Kamera besorge. Eigentlich sollte ich ja langsam Bescheid wissen, doch ich kann schon jetzt abschätzen, dass meine Karten in diesem Urlaub wohl nicht reichen werden.
Kreuzfahrt-Riese meets alpine Aussicht
Gegen 16 Uhr landen wir in Victoria an, mittlerweile helfen die Medis ganz gut und ich bin halbwegs gesellschaftsfähig. Also fahren wir nicht zum Motel sondern knattern direkt durch in den Stadtkern zur Tourist-Information. Da werden wir mit Karten und Tipps ausgestattet. Ein Rundgang von dort rund um den Hafen und der James Bay gehen wir sofort an. Was für ein Glück, denn so wird der Tag trotz der blöden ersten Hälfte wieder aufgehellt. Es ist nicht nur mild hier und sogar die Sonne blitzt ab und zu durch die Wolken – Victoria ist auch noch richtig schön!
Im Hafen, den wir zuerst umrunden, ist ständig etwas los. Vor allem Wasserflugzeuge starten und landen in Reihe. Das imposante Regierungsgebäude der Region British Columbia ist ein ziemlicher Prachtbau und Fisherman’s Wharf mit seinen putzigen Hausbooten ist auch ein Kracher. Fast immer am Wasser entlang, erreichen wir auch bald das offene Meer und das Kreuzfahrtschiff-Terminal. Dort liegt gerade die „Emperor of the Seas“, eines der größten Ozeanhotels überhaupt. Besser: Sie legt gerade ab. Gleich daneben ist ein Heliport an dem eifrig gestartet und gelandet wird – so hat man gleich zweimal was zum gucken.
Doch es wird noch besser: Nicht weit vom Kreuzfahrer-Terminal ist das Ogden Point Breakwater – eine Kaimauer, die sich 700 Meter weit aufs Meer hinaus zieht und in einem kleinen Leuchtturm endet. Davor der Ozean und im Hintergrund dominiert eine Wand aus schneebedeckten Gipfeln das Bild – die Kulisse des Olympic National Parks drüben in den USA. Toll hier! Auch der Weg zurück in die Stadtmitte ist schön, vorbei an vielen kleinen knatschbunten Einfamilienhäusern, von der rechte einfachen Hütte bis hin zur Villa und alles aus Holz. Zwei Stunden haben wir für den Rundgang gebraucht und der ist nur zu empfehlen.
Wählscheibentelefone und eine Native-Bekanntschaft
Um halb sieben kommen wir im ZED Motel an. Nun ja. Alles „total verrückt“ hier, weil im Retro-Stil eingerichtet. Zum Beispiel gibt es nur Wählscheibentelefone in den Zimmern, inklusive Anleitung, wie man diese bedient: Gott, bin ich alt! Neben der schrägen Einrichtung ist es aber nichts anderes, als ein gewöhnliches Motel mit recht kleinen Zimmern. Und unseres müffelt noch dazu. Aber egal, wir sind ohnehin schnell wieder weg. Gleich nebenan ist ein Denny’s und nach den kulinarischen „Eskapaden“ der letzten beiden Tage wird hier nochmal ein schöner Burger eingefahren. Wo wir heute unseren Sonnenuntergang verbringen wollen ist klar: am vorhin entdeckten Breakwater. Zehn Minuten sind wir mit dem Auto dorthin unterwegs und wie erhofft, haben sich die Wolken inzwischen fast ganz zurückgezogen. Ein toller Sonnenuntergang folgt auf diesem herrlichen Fleckchen. Während ich mich um Zeitraffer und Fotos kümmere, geht Rebekka bis ganz zum Ende durch und freut sich über die Sicht.
Als ich so da stehe und meiner „Arbeit“ nachgehe werde ich von einem Native (Indian sagt man hier nicht) angesprochen, der sich interessiert an meinem Aufbau zeigt. Seine Nichte habe sich gerade eine Spiegelreflex gekauft und sei ganz begeistert davon und woher ich überhaupt komme und so weiter. Der gute Man heißt Richard und wir unterhalten uns fast eine Stunde über Gott und die Welt von deutschen Würstchen bis hin zu Politik und Hypnose. Sehr interessanter Kerl, war ein echt nettes Treffen. Als der Zeitraffer beendet ist und auch Rebekka mit einem strahlenden Grinsen ob der Schönheit des gerade Gesehenen wieder eintrifft, verabschieden wir uns voneinander. Zurück im Hotel komme ich endlich dazu, mich genauer über die Umstände und Geschehnisse in Denver aus der Nacht zu informieren. „Black Hole Sun“ summend werden dazu ein paar Shots Whisky geleert. Nebenbei planen wir noch den nächsten Tag, unseren letzten vollen in Kanada für diesen Urlaub.
My third Blog und dieser Beitrag hier werden gerne gelesen, das verrät mir Google Analytics.
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