TAG 1+2 / KÖLN – MÜNCHEN – TOKYO
Donnerstag/Freitag 21./22.04.
Flug
Das ist doch mal entspannt! Wie vor zwei Jahren geht es erst Mittags am fünfzehn Minuten entfernten Heimflughafen Köln los. Es ist sogar exakt der selbe Flug, der uns zur gleichen Uhrzeit den kleinen Hüpfer nach München bringt. Dort warten wir anderthalb Stunden auf das Boarding für die Lufthansa A340-600, die uns nach Tokyo fliegen soll.
Zum ersten Mal sind wir in der noch relativ neuen „Premium Economy“ unterwegs und – auch wenn die Sitze für eine Langstrecke immer noch zu hart sind – es lohnt sich! Der Sitzabstand ist auch für 1,85-Meter Personen komfortabel, man kann den Sitz viel weiter zurücklehnen und so wirklich besser schlafen. Und es gibt ein Amenity-Kit mit Schlafmaske, Ohrstöpsel, Zahnbürste und anderem Kram – sogar warmen Socken! Der Bildschirm im Vordersitz ist um einiges größer, endlich in HD und gut zu bedienen, es gibt eine Steckdose am Sitz, eine Fußstütze zum einklappen, einen Willkommens-Schluck, zwei Flaschen Wasser stehen schon parat, das Essen kommt auf Porzellan statt in Plastikschälchen und es gibt eine Speisekarte. Auf die letzteren beiden Dinge hätte man durchaus verzichten können, ist schließlich auch das selbe Essen wie in der Economy. Aber das Plus an Komfort ist durchaus spürbar. So, jetzt aber /werbemodus aus und weiter im Flug.
Wobei, mehr gibt’s nicht zu berichten. Das japanische Essen war lecker, es gab auch wieder Onigiri als Zwischendurch-Snacks und ein paar Stunden schlafen klappte auch. Keine nennenswerten Turbulenzen und eine Landung, die man nicht gemerkt hat. Um halb elf vormittags kommen wir in Tokyo/Haneda an. Und dank den paar Nickerchen an Bord fühlt sich das völlig okay an, auch wenn wir jetzt eigentlich halb vier Uhr Nachts haben.
Als perfekter japanischen Willkommensgruß parkt der Hello Kitty-Flieger der Eva Air auf dem Rollfeld neben uns. Es geht durch ellenlange Flure zur ratz-fatz erledigten Immigration. Eine kleine Zollkontrolle mit Kofferöffnung überstehen wir ebenfalls in wenigen Minuten. Und der Zollbeamte verbeugt sich dankend für meine Geduld.
Im Terminal angekommen schlägt die nervige Sucht durch. Aber ich kenne mich ja aus 😉 Zielgenau steuere ich den bekannten Aufzug an und fahre nach draußen auf die Bus-Ebene unter dem Terminal. Endlich wieder draußen nach 16 Stunden! Angenehm warm ist es hier, die Sonne strahlt. Ich stelle mich an exakt den selben Punkt, an dem ich auch schon vor zwei Jahren heimlich und verbotenerweise eine auf offener Straße geraucht habe (siehe Japan-Bericht 2014, Tag 1). Jaha, ich Kosmopolit, ich. Als ich wieder oben ankomme, zeigt Rebekka lässig auf eine Raucher-Lounge gleich gegenüber, die mir weder 2014 noch zehn Minuten zuvor aufgefallen war. Ich Depp, ich.
Immerhin gibt’s wenige Schritte entfernt schon Bustickets zu kaufen. Wir lösen problemlos zwei nach Shinjuku, fahren wieder nach unten zu den Bussen und stellen uns an die farblich markierte Position für unseren Bus. Nach zwei Minuten steht er vor uns, die Koffer werden uns abgenommen und verladen (natürlich nicht ohne Verbeugung) und schon geht die Fahrt los. Hey Tokyo, da sind wir wieder! Als die ansonsten recht eintönige Fahrt am Park Hyatt vorbeigeht winke ich schon mal voller Vorfreude kurz aus dem Fenster, denn ein Drink in der dortigen New York Bar ist wieder fest eingeplant.
Zurück im Gewusel
Nach einer dreiviertel Stunde ist Endstation und wir stehen mit unseren Koffern an einer Bushaltestelle mitten in Shinjuku und gucken erst mal doof. Da sind sie wieder, die Menschenmassen. Und es piepst und quäkt von allen Seiten. Alles wuselt. Wir brauchen einen kurzen Moment und genießen den kleinen Kulturschock, bevor wir Google Maps befragen, wo es zur Metro geht. Denn das Hotel ist noch zwei Stationen entfernt. Wir stehen zwar quasi schon vor dem Eingang in den Untergrund, sind uns bei den vielen möglichen Ein- und Ausgängen aber unsicher. Mit meinem wenige Sätze umfassenden radebrechenden Japanisch finde ich schnell eine Frau, die gerne hilft (und die zum Glück radebrechend englisch spricht). Ja ja, wir sind richtig, sollen ihr folgen. Mit zwei Koffern und zwei Rucksäcken viele Stufen nach unten versteh sich. Dabei sind wir wohl etwas laut mit unseren Rollkoffern, denn sie muss bei jedem „Klack!“ auf jeder Stufe lachen.
Unten angekommen, zeigt sie uns den Eingang zu unserer Linie und verschwindet. So, wie ging das nochmal? Wir brauchen eine wiederaufladbare Pasmo-Karte, müssen dann Geld drauf laden und können zur Bahn durchgehen. Aber wie zur Hölle sahen diese Pasmo-Automaten nochmal aus? Hah! Da, das muss einer sein. Nach ein wenig wildem herumtippen ist alles klar und wir halten schon die erste bezahlte und geladene Karte in der Hand, als plötzlich … sirr! … die Frau von eben wieder neben uns steht. Sie muss uns beobachtet haben! Wild tippt sie auf dem Display herum und zeigt uns, wie man eine Pasmo-Karte zieht und auflädt. Um nicht unhöflich zu sein, unterbrechen wir sie nicht und lassen sie machen.
Das für hiesige Verhältnisse günstige E-Hotel Higashi Shinjuku (Beschreibung an Tag 5) hat unser Zimmer noch nicht fertig, aber wir dürfen das Gepäck schon abstellen. Derart befreit, starten wir einen ausgedehnten Spaziergang durch das Veedel. Zuerst werfen wir einen Blick in das kleine Vergnügungs-Viertel „Golden Gai“ in der Nähe. Ein Gewirr von winzig kleine Kneipen in für diese Gegend völlig untypischen winzigen Häuschen umrahmt von Wolkenkratzern. Manche Bars sind kaum größer als ein Badehandtuch. Jetzt am Mittag ist hier natürlich noch tote Hose. Auf einem bunt beklebten Laternenpfahl grinst uns Pierre Littbarski im 1 FC Köln Dress auf einem Sticker aus den 1990ern entgegen. Hat ja auch lange in Japan gespielt und trainiert, der Litti.
Dann statten wir dem netten aber nicht spektakulären Hanazono Shrine einen Besuch ab und schauen ein bisschen Leute. Vom Schrein sind wir schnell auf der Yasukuni Dori. Auf dieser riesigen Straße kennen wir uns wieder aus. Da hinten ist das Rotlichtviertel, da links der Bahnhof Shinjuku und hier irgendwo müsste „unser“ Lieblingsrestaurant sein. Jawoll, da ist der Laden der Kette Wa-Ta-Mi, die wir mit ihren vielen kleinen japanischen Leckereien und dem Klingelknopf für die Bedienung vor zwei Jahren lieben gelernt haben. Wo wir an diesem Abend essen werden ist damit schon gebongt. In Bahnhofsnähe schauen wir in die sogenannte „Piss Alley“ hinein. Klingt fies, ist aber lecker. Eine kleine Straße ursprüngliches Tokyo vor der Zeit der Riesen-Wolkenkratzer, voller Yakitori- und anderer Restaurants. Man sitzt quasi in Imbissen von Garagengröße und fast auf der Straße, dicht an dicht.
Das Blubberlutsch-Gefühl
Als wir in danach durch das Rotlicht- und Vergnügungsviertel Kabuchiko stromern, dämmert es schon langsam (um 18.30 ist es hier duster). Unzählige grellbunte Neon- und LED-Reklameschilder flackern auf, aus dutzenden Lautsprechern formt sich unterschiedlichste Musik zu einem undefinierbaren Lärm-Brei, die ersten Anheizer tauchen vor den Stripläden auf und werben mit Megaphonen um Kundschaft, von einem der Hochhäuser gröhlt ohrenbetäubend ein riesiger Godzilla-Kopf und speit blitzend Rauschschwaden (ja, wirklich!) … da ist es wieder, dieses Blubberlutsch-Gefühl im Kopf, das Tokyo bei uns verursacht. Herrlisch!
Staunend laufen wir noch an vielen extrem kitschig aufgemachten Love-Hotels vorbei und bewundern häusergroße Werbung für hunderte verschiedene männliche Begleiter, die wie Popstars angepriesen werden. Jetzt aber essen gehen! Im Wa-Ta-Mi bekommen wir fast den selben Tisch „wie früher“ und schlemmen uns durch die Highlights der immer noch gleichen Karte. Die Gyozas! Die Yakitory! Das Sushi! Der Ceasar’s Salad! Die ominöse mit Käse gefüllte Riesenfrikadelle! Dazu gibt es das gute, alte süffige Asahi. Kanpai!
Nach einem kleinen Verdauungsspaziergang entern wir um 23 Uhr unser winzigkleines Hotelzimmer, waschen uns die Reise vom Körper und schlafen noch während des Redens beide sofort ein.