TAG 10 / KYOTO
Montag, 19.05. / 28°C / sonnig
Hui, ist das warm draußen! Als wir um zehn Uhr auf die Straße treten, empfängt uns drückende Schwüle. Später kommt dann die Sonne raus und lässt das Wetter ein bisschen erträglicher werden. Vorher spüren wir die Hitze sowieso kaum, denn wir fahren erst mal laaange im (klimatisierten) Bus.
Über das Bus-System in Kyoto habe ich ja schon ein paar Worte verloren. Es ist billig (Tageskarte 3,50 Euro), sehr gut ausgebaut – aber ein wenig kompliziert auf den ersten Blick. Hat man es denn mal kapiert, ist es kein Problem. Dafür aber dauert es teilweise lange, um von A nach B zu kommen, wie wir heute auf unserem Weg nach Arashiyama feststellen. Eine knappe Stunde gurken wir von Haltestelle zu Haltestelle. Dabei steigen etwa alle drei Minuten sehr alte, sehr gebückte japanische Rentner zu. Die halbe Geriatrie Kyotos scheint heute auf den Beinen zu sein. Und was macht der gute Europäer? Er steht natürlich auf und bietet seinen Platz an. Ich stehe fast die ganze Fahrt über. Genauso wie zwei junge Amis, die als einzige weitere Ausländer mit uns unterwegs sind. Die zwei, drei jüngeren Japaner im Bus rühren keine Mine und bleiben hübsch sitzen. Zis!
In Araschiyama angekommen, führt uns unser Weg zum Tenryu-Ji. Der Tempel ist eine von 17 Unesco-Weltkulturerbestätten in Kyoto – vor allem sein Garten. Den bewundern wir auch ausgiebig – vor allem das Moos, die kleinen Wasserläufe und der See mit seinen Kois haben es uns angetan. Gleich neben dem Tempel (vom Nordtor ausgehend), befindet sich der berühmte Bambuswald. Unser Reiseführer schmückt sogar sein Cover damit und auch sonst habe ich schon viele Bilder davon gesehen. Aber wie das so oft ist auf Reisen – Vorstellung und Wirklichkeit driften gerne mal auseinander. Der Wald an sich ist recht klein, ein kurzer Pfad führt hindurch. Auf diesem Pfad natürlich (auch am Montag) jede Menge Touris und lärmende Schulklassen. Entspannt das Lichtspiel zwischen den Bambusstäben oder die ständig fallenden Blätter zu beobachten ist nicht drin. Nebenan fährt außerdem ein Zug, der sich alle paar Minuten quietschend und hupend meldet und außerdem fahren immer wieder Taxis den kleinen Weg hinauf, um fußmüden Touris auch mal einen Blick auf den Märchenwald aus Bambus bieten zu können. Alle Fotos, die ich vorher sah, wirkten irgendwie friedlicher.
Dem Wald folgend, am Nonomiya-Schrein vorbei, stehen wir wieder auf der Straße an einer Bushaltestelle. Ups! Schon halb drei, wohl ziemlich lange gelustwandelt und Bus gefahren … Der nächste Bus unserer benötigten Linie bringt uns mit einmal umsteigen in die Nähe des Kinkaku-ji, des sagenumwobenen „Goldenen Tempel“. Direkt gegenüber der Haltestelle befindet sich ein Geschäft, das alles rund um die Katze verkauft. Nein, kein Streu, Futter und Spielzeug, sondern eben alles mit Katzen. Essstäbchen, Mobiles, Figuren und weiteren eigentlich nutzlosen Kram. Da müssen wir natürlich noch rein. Anschließend wartet der Goldene Tempel auf uns, der nicht betreten werden, sondern einfach nur angesehen werden kann. Aber dass reicht auch schon völlig. Und ja, Gold heißt Gold! Aber da sprechen wohl die Fotos die beste Sprache. Mit dem See davor und überhaupt die ganze Szenerie – Es ist ein Wahnsinnsanblick! Finden auch Hunderte weitere Touristen neben uns, die sich um die besten Foto-Plätze balgen. Trotz dem Massenauflauf ist es ein herrlicher Platz, den wir langsam umrunden und lange in uns einsaugen. Als wir das Gelände des goldenen Tempels verlassen, ist es schon nach Fünf. Um 18.50 Uhr geht die Sonne unter, was nun? Wir entscheiden spontan, von der in der Nähe liegenden Bushaltestelle zum Daitoku-Ji Tempel zu fahren, da dessen Gelände bis Sonnenuntergang geöffnet haben soll (laut unserem Reiseführer). Man muss dazu sagen, dass die Tempel hier alle sehr früh, gegen 16 und 17 Uhr, die Schotten dicht machen. Am Daitoku-Ji kann man sich zwar noch die Gebäude ansehen, aber die wohl sehr sehenswerten Gärten sind bereits zugesperrt. Dabei läuft uns noch ein britisches Pärchen über den Weg, dass ebenfalls noch nach den angeblich geöffneten Gärten Ausschau hält.
Wir laufen das noch zu Sehende ab und gehen einfach einen langen Kiesweg weiter entlang. Scheint ein Wohnviertel zu sein, direkt neben dem Tempelbezirk. Was kein Wunder ist, bei all diesen Heiligtümern in einer Stadt mit „nur“ 1,5 Millionen Einwohnern. Dabei entdecken wir noch einen weiteren Mini-Schrein, bewundern wieder einmal die fast wie kleine Tempel aussehenden Wohnhäuser und kommen sogar an einem weiteren kleinen Bambuswald vorbei. Auf der Hauptstraße angelangt, sehen wir linker Hand ein großes Torii und rechter Hand den Imamiya-Schrein. Was für eine schöne Ecke, erst recht im Licht der untergehenden Sonne .Hier könnte man wohnen! Den Imamiya streifen wir nur kurz, erklären dem Wachpersonal auf seine freundliche Nachfrage hin, dass wir aus Deutschland kommen und warten vor dem Schrein auf den Bus.
Juhu! Endlich Busfahren! Die Sitze sind übrigens so winzig, dass selbst Rebekka (1.60m) mit den Knien Probleme bekommt. Vierzig Minuten später sind wir in Gion gelandet. Mittendrin in Kyoto, wo wir gestern bereits einen Hauch des Nachtlebens entdeckt haben. Direkt neben dem Ufer des Yodo befindet sich eine kleine Gasse, die unzählige Restaurants und Nachtclubs zu bieten hat. Dort stromern wir herum und landen nach einer halben Stunde in der Nähe dieser Gasse in einer „Chi Fa Ya“-Restaurantfiliale, die „All you can eat“ für 14 Euro pro Person anbietet.
Das Konzept überzeugt: Man sitzt an einem Tisch mit eingelassenem Mini-Grill (mit glühenden Steinen darin) und darf sich 90 Minuten lang alles von der Karte bestellen, was das Herz begehrt. Verschiedene Fleischsorten verschieden eingelegt, Salate, Gemüse, Brot, etc. Dann grillt man den Kram selber und lässt es sich schmecken. Macht ordentlich satt, und da wir für 8,50 (!) Euro (zusammen!) auch noch eine Getränke-Flatrate dazu geordert haben, wird es während und nach dem Essen auch richtig lustig. Whisky servieren sie dort innerhalb der Flatrate übrigens im fetten Tumbler, mit gleich 0,1 Litern drin. Is klar. Ser abend klingt lustik auhs …