TAG 1 / KÖLN – WASHINGTON DC
Samstag, 21.04.2012
Großes Reisefieber macht sich in mir breit, als um 7 Uhr der Wecker klingelt. Ick freu mir! Nach einer schnellen Dusche und einem kurzen Frühstück sitzen wir auch schon im Auto und düsen gen Frankfurt/M. Zwei Stunden später stehen wir auf dem Hof von „Airportparker“, um dort das Auto los zu werden (gute & günstige Parkmöglichkeit). Gleichzeitig mit uns kommen zwei befreundete Pärchen an, die später nach Shanghai fliegen. Verrückt, in zwölf Stunden werden wir 12.000 Kilometer voneinander entfernt in zwei völlig verschiedenen Welten sein. Flüchtige Gedanken wie „Fliegen ist schon irgendwie unnatürlich“ wische ich beiseite, als wir unser Gepäck in den bereitstehenden Kleinbus wuchten.
Schon nach gut zehn Minuten werden wir an unserem Terminal vorgefahren. Es ist jetzt 11 Uhr, und obwohl wir statt der empfohlenen drei Stunden nur zwei zu früh da sind, haben wir trotzdem noch massig Zeit. Eingecheckt wurde schon gestern Abend per Internet und die Koffer sind schnell aufgegeben. Nach dem Sicherheits-Brimborium und einem kleinen Spaziergang zum Gate warten wir noch eine gute dreiviertel Stunde auf das Boarding – immerhin in Sichtweite unseres Fliegers der Lufthansa, einer klassische Jumbo 747-400.
Da wir ganz hinten in der vorletzten Reihe sitzen, kommen wir beim Boarding zuerst dran, als es um 12.15 Uhr endlich los geht. Hammer Plätze haben wir da, denn für eine Dreierreihe ist so weit hinten kein Platz mehr, so das rechts bevor das Fenster kommt ein Leerraum in der Größe eines halben Sitzes entsteht. Perfekt zum ausstrecken und Sachen ablegen. Trotzdem finde ich die Sitze nicht allzu bequem, aber immerhin hat es hier Inseat-Entertainment mit einer großen Auswahl an Filmen und anderem Guck-Spaß.
Mein Lieblingsprogramm wird allerdings die Landkarte, die mit den Flugdaten abwechselt. Der Flug läuft ruhig und das Essen ist überraschend lecker, trotzdem bin ich ungeduldig. Aber nur bis die Küste der USA erreicht ist und Cape Cod in Sicht kommt. Ab jetzt gibt’s immer was zu gucken, wobei der Höhepunkt natürlich Manhattan darstellt (den ich wegen eines dringenden Bedürfnisses fast verpasst hätte, darum auch kein Foto ;-)).
Nach einem weiteren kleinen Snack landen wir nach etwa 8 ½ Stunden in Washington/Dulles. OK dann bin ich jetzt wohl in Amerika. Fliegen ist schon toll, aber trotzdem irgendwie seltsam. Mit komischen Hub-Bussen werden wir zur Immigration gefahren und von einer endlosen Schlange im Land der unbegrenzten Möglichkeiten begrüßt. Mindestens eine halbe Stunde tippeln wir im Gänsemarsch nach vorne, bis wir endlich vor dem Immigration-Officer stehen. Der ist zwar etwas misslaunig, winkt uns aber nach dem scannen aller zehn Finger, ein paar Standardfragen und dem Stempel quasi durch. Am bereits stillstehenden Gepäckband warten unsere Koffer schon fast einsam auf uns.
Jetzt aber endlich raus, vor der Tür den Bus zur Mietwagenstation nehmen und uns zu Alamo bringen lassen. Bei dem Autovermieter ein paar Straßen weiter gibt es zwar keine Schlangen, aber dafür die wohl übliche Feilscherei um eine höhere Klasse und weitere Versicherungen. Ich verneine aber alles dankend und plötzlich ist der Mann gar nicht mehr so freundlich. Schnell laden wir also nach dem Schreibkram unsere Koffer in den einzigen Kleinwagen auf dem gesamten Hof – einem Mazda 2. Argh! Automatik! Klar, ganz vergessen, Amerika! Die ersten zwei Kilometer absolviere ich wie ein Fahranfänger. In der Nähe des Vermieters halten wir auf einem Schotterplatz an: erst mal das Navi programmieren, sich mit der Schaltung anfreunden und endlich mal wieder eine rauchen. Es ist schwül-warm, 26°C und ein Gewitter hängt in der Luft.
Unser Hotel liegt in Arlington/Virginia, von Washington nur durch den nahen Potomac River getrennt. Auf den 40 Kilometern dort hin fallen denn auch die ersten Tropfen. Alles wie vorhergesagt, seit einigen Tagen wissen wir Bescheid über das bescheidene Wetter der nächsten Tage und es scheint tatsächlich so einzutreffen. Den Mazda parken wir in der Tiefgarage des Hotels, checken ein, freuen uns über ein großes und schönes Zimmer und machen uns kurz frisch. Es ist inzwischen 19.00 Uhr Ortszeit, zu Hause also 01.00 Uhr. Aber wir widerstehen dem Ruf der sechs Kissen auf dem Bett, machen uns einen Kaffee und begeben uns damit in die Metro.
Praktischerweise unterhält diese eine Station direkt unter dem Hotel. Das System hier ist einfach zu verstehen – drei Linien in drei Farben. Aber die Ticketautomaten sind nicht nur knallbunt, sondern auch noch sehr verwirrend. Wir lassen uns von der Aufseherin helfen, die uns für geistig minderbemittelt halten muss, weil wir immer wieder nachfragen. Schon nach ein paar Stationen steigen wir an den „Archives“ beim Navy Monument aus und sind das erste Mal seit der kurzen Pause in der Nähe des Auto-Vermieters wieder unter freiem Himmel. Die Temperatur ist locker 10 Grad gefallen, es regnet und windet heftig. Dass wir unsere Schirme so früh würden benutzen müssen, hätten wir nun doch nicht gedacht. Wir schnuppern kurz auf die Mall und erhaschen einen Blick aufs Capitol und das Washington Monument. Aber die Mall ist morgen dran, bei dem Wetter laufen wir lieber etwas geschützter die 7th Street bis Chinatown hoch.
Am imposanten Tor zum Chinesenviertel angekommen kehren wir in eine Burger-Braterei ein. Leider hab ich den Namen vergessen, aber die vor den Augen der Gäste gebastelten Dinger waren wirklich lecker. Dazu gibt es ein Bier und als wir das Etablissement verlassen, hat der Regen tatsächlich aufgehört. Also orientieren wir uns kurz und stapfen los in Richtung Weißes Haus. Wir nähern uns dem Zentrum der Macht vom Hintereingang aus, wo ich den Wachhabenden frage, ob Mr. Obama denn zu Hause weilt. Mir wird freundlich entgegnet, dass er das wirklich nicht wisse. Wir spazieren einmal ganz um das White House herum und streifen so auch noch einen netten kleinen Park. Dann geht es über die Pennsylvania Avenue langsam zurück zur Bahn. Mittlerweile ist es 23.00 Uhr, und wir somit seit 22 Stunden auf den Beinen. Im Hotel schaffe ich es gerade noch, mich in die Dusche zu schleppen und schlafe danach schon in dem Moment ein, in dem mein Kopf das Kissen berührt.