TAG 5 / LISSABON – LAGOS
14.09.11
Jeder einzelne längere Urlaub, so will es Murphy’s Law, hat seinen „Schwarzen Tag“. So war es bei mir/uns in den letzten Jahren zumindest immer. Als ich heute morgen wach wurde und mir beim schlagen nach dem Wecker (!) erst mal zünftig den Rücken verrissen habe, hätte ich gewarnt sein müssen. Nachdem wir unser Frühstück mit frischen „Pasteis de Belem“ in der Wohnung gemümmelt haben, ist aufräumen und packen angesagt. Macht zwar mit Rückenschmerzen noch weniger Spaß, aber nutzt ja nix. Wir müssen schnell zum Flughafen, um dort unseren Mietwagen abzuholen. Weil ich in meinem Zustand (man wird ja nich jünger) keine Lust darauf habe, mit dem Gepäck zum Bus zu schleppen, ziehen wir zum nächsten Hotel, tun dort so, als wären wir dessen Gäste und lassen uns vom dortigen Concierge hübsch ein Taxi vor unsere Nase wedeln und die Koffer einladen 😉
Der Taxifahrer ist sehr freundlich und hält uns in einem kaum verständlichen Englisch einen Vortrag darüber, wie ehrlich er sei und dass der Aerobus den Taxis ja das ganze Geschäft kaputt mache und das er der ehrlichste Fahrer überhaupt sei und alles so billig und überhaupt. Tatsächlich – die Fahrt mit dem Taxi war nur einen ganzen Euro teuer als der Bus und ging viel schneller. Die Formalitäten am Mietwagen-Terminal von Avis sind relativ schnell erledigt und nach einer halben Stunde sitzen wir in einem fast fabrikneuen Toyota Yaris, der uns in den kommenden zehn Tagen durch Portugal düsen soll. Hat er auch gut erledigt, den Job. Zumindest zwei Stündchen lang bis ins Alentejo, kurz vor Almodovar.
Eigentlich war alles (bis auf den Rücken 😉 ) perfekt. Die A2 präsentierte sich als die absolut leerste Autobahn, über die ich je gefahren bin. Ohne Quatsch – Alle drei bis fünf Minuten ein Auto, ansonsten immer alleine auf dem Asphalt. Rage against the Machine dudelten, draußen 34 Grad, im Auto kühte 24 Grad, den Atlantik und die Algarve schon in der Nase …. da prescht plötzlich diese verdammte Katze direkt aus dem Mittelstreifen heraus und genau vor unseren linken Vorderreifen. Keine Chance zu bremsen oder auszuweichen bei 140 km/h. Es knallt einmal fies, bye bye Kittie, und wir haben einen kleinen Schreck in den Knochen, immerhin haben wir selbst eine Mietze zu Hause. Nachdem wir uns eingeredet haben, dass es sich bei einer derart menschenleeren Autobahn nur um eine Selbstmord-Katze handeln konnte bemerke ich, dass die Leistung des Yaris doch ziemlich nachlässt.
An der nächsten Raststätte mitten im Nirgendwo fahren wir ab und begutachten die Front des Autos. Die Plastikverkleidung unter dem Kühler hängt fast bis auf die Straße und irgendetwas tropft unheilsvoll aus dem Motorblock. Beim Begutachten des Schadens fällt mir auch noch die Kühlerhaube auf die Nuss. Während die Beule wächst, wähle ich die Notfallnummer von Avis. Immerhin wird uns kompetent am Telefon weitergeholfen. In den nächsten 30-45 Minuten schicke man ein Taxi, dass uns zur nächsten Avis-Station bringen solle, wo wir dann ein weiteres Auto erhalten würden. Zwischenzeitlich warten wir in der Bruthitze im Schatten der Raststätte. Das der einzige Getränkeautomat der eisgekühltes verkauft unsere Münzen nicht fressen will, ist ja klar.
Das Taxi kommt nach einer Stunde gemeinsam mit einem Abschleppwagen auf die Raststätte gefahren. Die beiden netten Kautze aus beiden sprechen zwar kein Wort Englisch, aber wir verstehen uns auch so irgendwie. Der Taximann fährt uns bis Albufeira zur Avis-Station, immerhin nur 40 Minuten von unserem Ziel Lagos entfernt. Und die Maut haben wir auf diesem Weg auch gespart 😉 Bei Avis in Albufeira weiß man allerdings noch nix von uns, dass hatten wir uns ein bisschen anders vorgestellt.
Also erst wieder die Story runterbeten, 1000 Papiere unterschreiben, einer Menge Telefonaten lauschen und dann sitzen wir endlich, endlich in unserem Mitsubishi Colt (leider kein Fast-Neuwagen mehr) und düsen gen Lagos. Jetzt können wir nur noch hoffen, dass mit der Rundum-Sorglos-Vollkasko Versicherung, die wir bei unserem deutschen Mietwagenvermittler abgeschlossen haben, auch alles gut läuft, wenn wir wieder zuhause sind.
Wir kommen um halb sechs an unserem Hotel Valmar Villas in Lagos an, immerhin nur zweieinhalb Stunden später, als wir ursprünglich geplant hatten. Das Haus gefällt uns, der Kerl an der Rezeption ist supernett und wir ziehen nach dem Einchecken erst mal an den Pool mit Meerblick, um uns mit ein bisschen planschen und einem kühlen Sagres (dem lokalen Bier) von dem blöden Nachmittag zu erholen. Als die Sonne langsam hinter den Hügeln verschwindet, gehen wir zum wenige Minuten entfernten Strand und genießen das Abendrot und die türkisgrünen Wellen, die mit beachtlicher Kraft an den Strand bollern. Klar holen wir uns dabei noch nasse Hosen 😉 Hotel, Meer und das wirklich leckere Abendessen in einer Pizzeria in Lagos, bei der man sich seine Pizza selber zusammenstellen kann, versöhnen uns wieder mit dem Tag. Nach einem Bier auf dem Balkon geht es dann begleitet von Zikadengezirpe und einer lauen Brise in die Koje.
TAG 6 / LAGOS, COSTA VINCENTINA
15.09.11
Wie, die Sonne kann hier auch mal nicht scheinen? Tatsächlich, als ich aufgrund von nach wie vor akutem Rücken aus dem Bett gerollt und zum Balkonfenster gewankt bin, zeigt sich der Himmel diesig grau. Erst geht es aber mal ab zum Frühstück. Wer morgens auf viel frisches Obst und Cerialien-Kram steht, ist in diesem Hotel hier bestens aufgehoben. Will sagen – Rebekka hat Kirmes und ich ein Standard-Frühstück mit Brötchen, Wurst & Käse. Danach machen wir uns für den Tagesausflug fertig, der uns an die Costa Vicentina führen soll. Wir starten von Lagos aus über die N125 in Richtung Sagres.
Nach ein paar Kilometern drehen wir rechts bei, da unser Reiseführer die an der Straße gelegene Kapelle Nossa Senhure de Guadaloupe als lohnenswertes Ziel ausweist. In diesem kleinen Kirchlein aus dem 13. Jahrhundert soll Heinrich der Seefahrer regelmäßig Stoßgebete in den Äther geschickt haben. Der Kirche, nein, eher der Kapelle, ist ein Museum angeschlossen, das für seinen Besuch 2,- EUR haben möchte, inklusive Besichtigung des Gotteshauses. Wir schließen uns einem kleinen Grüppchen von Touristen an, das gerade aus dem Museum stiefelt und latschen einfach hinterher, um einen Blick in die Kapelle zu werfen. Nach etwa zwei Minuten sind wir wieder draußen. Wer ein großer Fan vom guten Heinrich ist, der sollte sich dessen Hauskirche auf jeden Fall mal anschauen, ansonsten sieht man eben weiße Wände, ein paar Holzbänke und einen kleinen Altar.
Also weiter die N125 entlang zum Capo Sao Vicente. Die Klippen bilden das südwestlichste Ende von Festland-Europa und sollen neben diesem Fakt auch noch sehr sehenswert sein. Dachten auch viele Hundert andere: Die Schlange der geparkten Autos links und rechts der Zufahrt hat schon bedrohliche Ausmaße angenommen als wir dort ankommen. Auf dem Weg zum Leuchtturm des Kaps leuchten uns schon die Touri-Abfangbuden entgegen. Am schlimmsten finden wir die riesig in Deutsch (und nur in Deutsch) beschriftete Imbissbude „Letzte Bratwurst vor Amerika“. Ansonsten kann man dort oben noch Schafwollpullis (!) und den üblichen anderen Nepp kaufen.
Im Innenhof des Leuchtturmgeländes wird es nicht besser. Ein Café, ein Imbiss, etc. Nix wir raus hier und am Rand des Leuchtturms ab in die Felsen. Nur wenige Leutchen tapsen dort herum und man hat tolle Aussichten auf die letzten Felsbrocken vor dem großen, bis Amerika reichenden Blau, das malerisch dagegen spritzt. Auf dem Weg hinab passieren wir die Gedenkplatte für einen Mann aus Essen, der dort 2001 mit 27 Jahren abgestürzt ist. Die Platte ist „Als Mahnung gedacht für alle, die sich hier nicht auskennen“ (O-Ton). Bei uns hat’s geholfen, wir gucken noch ein bisschen vorsichtiger auf jeden Schritt.
Während wir das Panorama genießen und in vielen Bildern festhalten, lässt sich sogar ein wenig et Sönnchen blicken. Länger als eine Stunde verbringen wir in den Felsen und gucken. Beeindruckend auch die Angler, die sich noch bis auf den kleinsten Vorsprünge wagen, um dort ihre mindestens 60 Meter langen Schnüre (so hoch sind die Klippen) auszuwerfen. Unser besonderes Highlight war aber ein mittelaltes deutsches Pärchen, dass in FlipFlops(!) und Barfuss(!!) bis auf den äußersten Vorsprung der scharfkantigen Steine kraxelte, um sich dort zu umarmen und wild in der Gegend zu gestikulieren, und sich gegenseitig Dinge zeigte. Mutig oder dämlich? Wohl eher Letzteres.
Auf Nebenstraßen geht es anschließend gen Norden in Richtung Carrapateira. Außer trockenen Büschen, rotgelbem Sand und ein paar Kakteen gibt es hier nicht viel. Ab und an läuft uns ein räudiger Köter über den Weg, hier und da passieren wir verlassene Bauernhäuser. So sieht also das Hinterland dieser ausgewiesenen Touristenregion aus. Über die N268 erreichen wir hinter Carrapateira die Abzweigung zur Praia da Bordaira. Zuerst wandern wir auch hier auf die Klippen und genießen das Wahnsinns-Panorama. Hier ist viel mehr Bewegung im Wasser als noch am Kap eben, die Wogen türmen sich meterhoch auf und tosen an die Felsen und den angrenzenden Strand. Kein Wunder, dass das hier als Surfer-Mekka gilt.
Als wir uns sattgesehen haben, inzwischen brennt auch die Sonne wieder ordentlich, fahren wir runter zum Strand. Der ist vom Parkplatz aus aber nur durch ein Priel zu erreichen, das sich aber problemlos knietief durchwaten lässt. Je näher wir dem Strand und diesen Wahnsinnswellen kommen, umso mehr fällt uns auf, dass das Wasser immer stärker in die Richtung drängt, aus der wir gekommen sind, Wir sind noch nicht ganz am Strand, da kommt uns eine kleine Armada an Surfern entgegen, die offensichtlich zum Parkplatz will. Da auch wir keine Lust haben, schwimmend zum Auto zurück zu müssen, treten wir seufzend den Rückweg an. Was gut war, denn das noch vor 20 Minuten knieftiefe Wasser ist jetzt fast hüfthoch.
Zurück im Auto steuern wir die N120 an, die uns wieder nach Lagos bringen soll. Die Landschaft hat sich inzwischen völlig verändert und erinnert uns sehr an Korsika. Grüne Hügel, viele mediterrane Bäume, Kräuterduft in der Luft und hier und da ein verlassenes Haus oder ein Autowrack 😉 Hier gefällt’s uns! Zurück im Hotel planschen wir noch etwas im Pool und decken auf der Sonnenliege unsere monströsen Sonnenbrände ab, die wir uns heute an allen unbedeckten Stellen eingefangen haben. Wegen des Anfangs bewölkten Himmels müssen wir irgendwie das eincremen vergessen haben.
Anschließend geht es noch zum nahen „Hausstrand“, der Praia do Porto de Mos, um dort den Sonnenuntergang zu bewundern. Hat sich definitiv gelohnt, kitschig-schöner hätte es auch Caspar David Friedrich nicht hinbekommen. Zum Abendessen zieht uns eine Empfehlung in die Altstadt, allerdings versuchen wir es mit dem Auto. Wir haben bisher nur den städtebaulich großzügig bemessen Neubau-Teil von Lagos kennengelernt und verfransen uns daher in den Winzgassen des urprünglichen Fischerorts. Da wir nicht wieder zu Avis wollen, fahre ich wie auf Eiern über die superengen Kopfsteinpflastergassen und habe keinen Blick mehr für irgendwelche Restaurants. Als wir den Gassen-Dschungel hinter uns gebracht haben sind wir so froh, dass wir doch einfach wieder zu „Pizzolino“ düsen (siehe gestern). War auch wieder sehr lecker!